24./25.06.2006

Rosenheim – Heilig-Geist-Kirche

Samstag, 24.6.2006 um 20 Uhr

Sonntag, 25.6.2006 um 17 Uhr

Abendmusik in der Heilig-Geist-Kirche

Sopran: Ursula Preißler

Alt: Luitgard Hamberger

Tenor: Richard Eschlbeck

Bass: Martin Hörberg

 

Wolfgang Amadé Mozart(1756-1791) „Venite populi“Doppelchor und Streicher
Johann Pachelbel(1653-1706) Kanon und Fugefür Streicher und B.c.
„Tröste, tröste uns, Gott“Doppelchor
Arietta mit Variationen in Ffür Orgel
„Der Herr ist König“Doppelchor
W.A. Mozart Kirchensonate in F KV 224für 2 Violinen und Bass
Joseph Haydn(1732-1809) Gloriaaus der „Missa Sti Joannis de Deo“

(„Kleine Orgelsolomesse”)

Michael Haydn(1737-1806) “Gloria del S.r Giuseppe Haydnun poco più prolungato

dal suo Fratello G: Michele”

aus der Deutsche Messe:Heilig

O Herr, ich bin nicht würdig

W.A. Mozart „Ave verum corpus“
für Chor und Streicher
Ave MariaKanon
M. Haydn Ave Mariafür Soli, Chor und Streicher
W.A. Mozart Litaniae de BMV KV 109für Soli, Chor und Streicher

Das schrieb der  Kritiker

Trunken vor Polyphonie

Man kann’s nicht oft genug sagen: Mozart ist heuer nicht der einzige Jubilar. Auch der Rosenheimer Kammerchor sagte es in dem Abschlusskonzert der Abendmusik in der Heilig-Geist-Kirche mit seinem Programm: Neben Mozart wurden Doppelchöre von Johann Pachelbel, gestorben vor 300 Jahren, und Werke von Michael Haydn, gestorben vor 200 Jahren, geboten.

Die beiden Pachelbel-Chöre sprengten mit ihrer Vokalpracht fast die kleine Kirche, obwohl einzelne Chorformationen geschickt verteilt waren und obwohl die Sänger nicht das große Forte ausgepackt hatten, sondern dezent bis fragil und sehr homogen sangen. Der berühmte Pachelbel-Kanon geriet dem Kleinstorchester etwas intransparent, doch Mozarts Kirchensonate KV 224 sprühte vor Agilität.Mozarts nur allzu berühmtes «Ave verum» sowie der zarte «Ave Maria»-Kanon erklangen in natürlich strömender Anmut, und nicht nur da war es, dass der kleine Bub eines Tenorsängers aus den Zuhörerbänken zu seinem Vater eilte und sich schutzsuchend oder liebesverbunden an ihn schmiegte: ein schönes Sinnbild für Mozarts Musik? Mozarts erste Vertonung der Marienlitanei KV 109 bot dem Solistenquartett vor allem in den Apostrophierungen Marias als Königin viele Möglichkeiten, Stimmgewandtheit zupräsentieren, ist doch dieses Vivace geradezu buffonesk ausgelassen. Das «Venite populi» KV 260 ist ein opulentes kleines Werk voll kontrapunktischer Künste. Und ist es Mozart’sche Ironie, wenn er die Aufforderung «Lasst uns schmausen in den Gefilden der Wahrheit, lasst uns trunken werden am Wein der ewigen Freude» ausgerechnet mit einer prunkend-gelehrten Fuge unterlegt? Trunken vor Polyphonie? Die Sänger hatten jedenfalls ihre Freude daran.

Den stärksten Eindruck aber hinterließ wieder einmal Michael Haydn, der jüngere Haydn. Der Chorleiter Konrad Heimbeck machte sich und uns das intellektuell-genießerische Vergnügen, zwei Versionen eines Glorias der zwei Brüder zu präsentieren: Michael hat das extrem kurze Gloria aus der «Kleinen Orgelsolomesse» seines Bruders, indem die einzelnen Stimmen verschiedene Textteile singen, aufgefächert, verlängert – und verschönert. Was österreichisch volkstümliche Melodik ist, die fast schon an Schubert’sche Innigkeit grenzt, zeigten zwei Teile aus seiner in Österreich viel gesungenen «Deutschen Messe», vom Chor ebenso exemplarisch schlicht gesungen. Doch das reichhaltigste Werk des Konzerts war ein «Ave Maria» von Michael Haydn: eine gelungene Verschmelzung von Gregorianik, Melodiensüßigkeit und Koloraturenraffinesse, von Ursula Preißler mit nobler Anmut dargeboten. Ihr fiel auch das Schlusswort zu mit dem «Laudate Dominum», das sich ihrer Stimme natürlich schön anschmiegte. Mozart kennen wir schon, lasst uns Michael Haydn kennenlernen!
VON RAINER W. JANKA
29.06.2006