08.04.2006
15 Jahre Kammerchor
08.April 2006: Passionskonzert
Hedwigskirche Rosenheim, 19:00 Uhr
Haydn: Stabat Mater
Solisten:
Ursula Preißler, Sopran
Luitgard Hamberger, Alt
Richard Eschlbeck, Tenor
Thomas Hamberger, Bass
Leitung. Konrad Heimbeck
Der Kammerchor Rosenheim feiert mit diesem Konzert ein Jubiläum. Vor 15 Jahren, am 27. März 1991, trat der neu formierte Chor unter der Leitung von Konrad Heimbeck in der St. Nikolaus-Kirche Rosenheim das erste Mal ans Licht der Öffentlichkeit. Seither hat er sich mit einem stilistisch weitgefächerten Repertoire überwiegend geistlicher Chormusik einen festen Platz im Rosenheimer Kulturleben erworben. Originalität in der Programmauswahl und hohes Niveau der Chorkultur sind Markenzeichen des Chores in seiner „Stammstätte“ St. Nikolaus und in der Region.
OVB vom 12.4.2006
Eine beglückende Aufführung
1767 komponierte Joseph Haydn als 35-Jähriger sein «Stabat Mater» und wurde damit erstmals mit einem großen Vokalwerk europaweit bekannt.
Neben Pergolesis bahnbrechender Vertonung und Nachfolgewerken etwa von Rossini, Dvorák und Verdi geriet Haydns Komposition (wohl auch wegen Problemen der Drucklegung) zu Unrecht ins Abseits. Die gängigen Chor- und Oratorienführer schweigen sich darüber aus, das Werk wird kaum mehr aufgeführt. Nicht so beim Kammerchor Rosenheim! Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt stand Haydns «Stabat Mater» auf dem Programm und fand damals nicht die große Gunst der Presse. Zu seinem 15-jährigen Jubiläum zelebrierte der Kammerchor unter seinem Gründer und Leiter Konrad Heimbeck eben dieses Werk in einer Aufführung, die den Berichterstatter und das Publikum in der gut besuchten Pfarrkirche St. Hedwig in Rosenheim rückhaltslos begeisterte und eine würdige Einstimmung auf die «Große Woche» bedeutete.
Am hohen Niveau des Passionskonzerts waren der Chor, das Kammerorchester und die Gesangssolisten in gleicher Weise beteiligt. Mit den Geschwistern Luitgard und Thomas Hamberger (Mezzosopran und Bass), mit Ursula Preißler (Sopran) und dem Tenor Richard Eschlbeck brillierte ein Solistenquartett, wie man es trefflicher aus der Region wohl nicht zusammenstellen kann. Gleich zu Beginn des Werks stellten sich die Gesangssolisten vor: in schmerzlich-beherrschtem Mitleid der Tenor («Stabat mater dolorosa»), zutiefst betroffen die Mezzosopranistin («O quam tristis»). Makellos ausziselierte Koloraturen brachte die Sopranarie «Quis non posset contristari», hochdramatische Gestaltungskunst mit intelligent geführtem Bassbariton die Arie «Pro peccatis suae gentis».
In strikter Begrenzung auf 20 Mitwirkende bot der Chor präsenten, dabei harmonisch ausgeglichenen Klang im Piano wie im Forte und überzeugte mit deutlicher Artikulation und flexibler Agogik («Quis est homo», «Eia mater»). Aus gleichem Geist und mit gleicher Begeisterung agierte das kleine Orchester mit zwei plus zwei Geigen, Bratsche, Cello, Kontrabass und Truhenorgel. Zwei makellos musizierende Oboen (wechselweise Englischhörner) unterlegten den Streicherklang mit Glanz, Dramatik oder auch leidvollem Klagen.
Konrad Heimbeck ist ein Dirigent der eher seltenen Qualität: Als sorgsamer Bewahrer leitete er die Ensembles völlig uneitel, dafür aber hellwach mit zwingend-sparsamen Gesten. Er ist fürs Orchester genauso kompetent wie für seinen Chor und die Solisten.
So geriet das Quartett mit Chor «Virgo virginum praeclara» zum atmenden Zentrum des Werks. So entwickelte sich in den kostbaren drei Schlusszeilen des mittelalterlichen Textes ein wunderbar komplexes Ganzes: Das sehnsüchtige Duett von Sopran und Mezzo «Quando corpus morietur» wurde vom Piano-Chor bittend aufgefangen («fac, ut animae donetur») und mündete in eine groß angelegte Fuge über «Paradisi gloria», in die ein äußerst anspruchsvolles Sopran-Solo eingebettet war – eine beglückende Verheißung!
Von Engelbert Kaiser