11.12.2010
Konzertkritik
mit freundlicher Genehmigung des OVB
Neue Klänge für die neue Orgel
Orgel-und Chorkonzert beschließt Orgelfestwoche in St. Nikolaus
Die Orgelfestwoche für die Reil-Orgel in der Rosenheimer Pfarrkirche St. Nikolaus endete mit einem Orgel-und Chorkonzert. Diesmal spielte die junge Carmen Jauch aus München, die, ausweislich ihrer Homepage, eine imponierende Konzerttätigkeit vorweisen kann-mit Recht, wie die Zuhörer meinten, die ihr heftig am Schluss applaudierten. Dabei überzeugte sie nicht nur mit einem schönfarbig registrierten, fröhlich-verspielten Präludium von Buxtehude BuxWV 139 und dem Bach’schen BWV 547, dessen Präludium sie beschwingt und schwingend bot und in dem sie die säulenartigen Fugen-Septakkorde geradezu triumphierend-dissonant herausstellte, nachdem sie die über fünfzig Themeneinsätze deutlich gemacht hatte: Vor allem überraschte, ja bestürzte sie mit „Annum per annum“ von Arvo Pärt. Aus dem brausenden Beginn, der zu verlöschen droht, wachsen fahl-gläserneKlänge, denen vor Angst die Luft auszugehen scheint. Nach einer langen sprechenden Pause dann eine Art Glockenspiel, worauf sich ein Riesencrescendo auf einem Ton auftürmt. Neue Klänge für
die neue Orgel!
Telemann und Vivaldi waren die Hauptkomponisten des Programms des Kammerchors Rosenheim.Die kurze Adventkantate „Nun komm der Heiden Heiland“ von Telemann mit einer prächtig punktierten Ouvertüre im französischen Imperialstil bietet vor allem den Solisten (bewährt: Ursula Preißler, Luitgard Hamberger, Richard Eschlbeck, Martin Hörberg) kleine Entfaltungsmöglichkeiten, größere das plastisch-bildkräftig komponierte „Magnificat“ von Vivaldi. Der helle Sopran präsentiert
den „spiritus“, den Geist, der Alt antwortet mit der „humilitas ancillae“, der Niedrigkeit der Magd Maria, während der Tenor Gottes Macht besingt, dazwischen betont der Chor die Tatsache, dass alle Generationen Maria preisen, lässt harmonisch kühn die Menschen Gott fürchten und stürzt mit vergnügt-potenter Monumentalität die Mächtigen vom Thron. Das Sopran-Alt-
Duett sangen Ursula Preißler und Luitgard Hamberger mit schwesterlicher Delikatesse. In dem kleinen handverlesenen
Streichorchester klangen die beiden Oboen schön kostbar.
Eine kleine Kantate in sich ist „Rorate coeli“ von Franz Xaver Brixi, das mit einem Frauensoloduett beginnt und rhythmisch prägnant und elegant die Weihnachtsfreude musikalisch vorwegnimmt, flehend-bewegt und ausgedehnt ist die Adventmotette „Ad te Domine levavi“ von Johann Ernst Eberlin, gefällig „Tollite portas“ von Michael Haydn. All dies präsentierte der Kammerchor unter der engagierten und immer animierenden Leitung von Konrad Heimbeck sicher, gut strukturiert und
wortausdeutend deutlich, so die triumphierende Nennung des Namens „Emanuel“ in der Motette“Siehe, die Jungfrau wird empfangen“ von Hermann Schroeder. Nur die Motette „Kündet es den Verzagten“ von Otmar Faulstich, geboren 1938, wirkte am Anfang etwas verzagt, als wäre der Chor über die Tatsache irritiert, dass der Komponist die sich anbahnende Erlösung in einer archaisch-herben Harmonik zu verstecken scheint.
Mit diesem Konzert hat Konrad Heimbeck, dem die neue Orgel zu verdanken ist, wieder einmal den hohen Stellenwert der Kirchenmusik in St. Nikolaus bestätigt. Die zahlreichen Freunde qualitätvoller Chormusik sahen dies auch so und spendeten lang anhaltenden Beifall, den der Chor mit der bekannten Motette „Übers Gebirg Maria geht“ von Johann Eccard beantwortete.
Rainer W. Janka