3. April 2022 Passionskonzert in St. Nikolaus

3. April 2022 Passionskonzert in St. Nikolaus

HEINRICH SCHÜTZ

DIE SIEBEN WORTE JESU AM KREUZ

JOSEF GABRIEL RHEINBERGER

STABAT MATER

Carlo Gesualdo DI VENOSA: Tristis est anima mea

Claudio MONTEVERDI: Adoramus te

WOLFGANG AMADÉ MOZART: Ave verum

John STAINER: God so loved the world

Ola GJEILO: Ubi caritas

Max Reger: Agnus Dei

URSULA PREISSLER, SOPRAN

LUITGARD HAMBERGER, ALT

RICHARD ESCHLBECK, TENOR

MARTIN HÖRBERG, BASS

EIN INSTRUMENTALENSEMBLE

LEITUNG: KONRAD HEIMBECK

7. April 2022 Kritik von Rainer W. Janka

„Die sieben Wort …betracht in deinem Herzen!“

Kammerchor Rosenheim singt in der Rosenheimer Nikolauskirche Musikstücke zur Passion

Rosenheim – Große Passionen gibt’s heuer kaum, weil lange nicht geprobt werden durfte. Der Kammerchor Rosenheim hat in seinem Konzert in der Nikolauskirche dafür zwei Mini-Passionen aufs Programm gesetzt, eine aus Jesu Sicht, eine aus der Sicht von Jesu Mutter.

Wie so viele, hat auch Heinrich Schütz „Die sieben Worte Jesu am Kreuz“ vertont. Aber relativ schlicht, dafür auch mit den Dialogen mit den Schächern und einem ausgedehnten „Eli“-Ruf. Nichts wird theatralisiert, der Fokus liegt ganz auf dem Text: „Die sieben Wort …betracht in deinem Herzen!“, singt der Chor zu Beginn. Die Erzählungen der vier Evangelisten sind auf vier Solisten (Ursula Preißler, Luitgard Hamberger, Richard Eschlbeck, Martin Hörberg) verteilt, die Worte Jesu singt ein tieferer Tenor, den Schächer zur Rechten ein tiefer Bass, hier alles von Martin Hörberg klar und ohne Pathos gesungen, nur den Verzweiflungsruf „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ singt er trauriger, ja flehentlicher. Das kleine Orchester ordnete sich dienlich unter.

Auch im „Stabat mater“ von Josef Rheinberger, allerdings deutlich süßer. Das ist nun eine hochromantisch schwellende Marienklage angesichts des am Kreuz hängenden Sohns. In vier Teile teilt Rheinberger den Text, zwei davon beginnen die Männer mit einer pathetisch nach unten ziehenden Melodiefolge, der vierte Teil fängt mit einem unisono gesungenen Trauermarsch an und endet in der unvermeidlichen Fuge. Der emotionale Höhepunkt, den der Dirigent Konrad Heimbeck auch einmal weidlich ausweidet, liegt im dritten Teil: Die Mutterliebe als „fons amoris“, als Quelle der Liebe überhaupt, rückt Rheinberger in helles G-Dur, setzt sie in einen wiegenden Sechsvierteltakt und schmückt sie mit einer liebefließenden Melodik der Frauenstimmen, die sich dann in chromatischer Harmonik schmerzlich aufbäumt. Berückend singen die Frauenstimmen, geradezu zärtlich von den Streichern umschmeichelt.

Zu Beginn des Konzerts schweben die schlicht-leichten Klänge des „Ubi caritas“ von Ola Gjeilo (geboren 1978) sowie die wohllautenden Harmonien des „O Lamm Gottes“ von Max Reger nach oben und verhallen im Gewölbe. Dagegen schieben sich in der von Gesualdo komponierten Ölberg-Szene („Tristis est anima mea“) die Akkorde scheinbar ineinander. Man glaubt, Christi Blutstropfen schwer zu Boden fallen zu sehen. Die Expressivität bei den Worten „Vos fugam capietis“ („Ihr werdet die Flucht ergreifen!“) deutet die Flucht der Jünger an, alles ist vom Chor ausdrucksstark gesungen.

„Also hat Gott die Welt geliebt“ kommt zweimal, einmal als Schütz-Motette, in der sich die Sänger und Sängerinnen des Kammerchors gesanglich wirklich zu Hause fühlen, dann in der englischen Textversion, vertont von John Stainer, hochromantisch expressiv aufgeladen mit von innen heraus glühenden Septakkorden. Klangsatt erklingt die sechsstimmige Mottete „Adoramus te“ von Claudio Monteverdi, nur mit Basso continuo begleitet, so sanftweich, dass man sich doch eine deutlichere Struktur wünscht.

Heimbeck lässt auf das Rheinberger’sche „Stabat mater“ Mozarts „Ave verum“ folgen, als ob diese Motette das wahre Ende der Passion wäre: ein ergreifender Abschluss. Die vielen Zuhörer applaudierten herzlich.

Rainer W. Janka