19.04.2015
GEISTLICHE ABENDMUSIK
FRANZISKA MAIER – ORGEL
LEITUNG: KONRAD HEIMBECK
SONNTAG, 19.4.2015
18 UHR
ST. NIKOLAUS-KIRCHE ROSENHEIM
PROGRAMM
Joh. Sebastian BACH
1685-1750
Fantasie und Fuge c-Moll
BWV 537
Michael HALLER
1840-1915
Kyrie
aus der Missa octo vocum
Joh. Sebastian BACH
1685-1750
Allein Gott in der Höh sei Ehr
BWV 662
Joseph AHRENS
1904-1991
Silesius-Motette
György LIGETI
1923-2006
Etüde Coulee
Enjott SCHNEIDER
* 1950
Der Sonnengesang des Franz von Assisi
Il Cantico di Frate Sole
„Blüh auf, gefrorner Christ!“
„Sonnengesang“ war das Motto der knapp einstündigen geistlichen Abendmusik in der gut gefüllten Rosenheimer Nikolauskirche. Die Überraschung war ein Orgelstück von Györgi Ligeti (1923 bis 2006) mit dem Titel „Etüde Coulee“.

© OVB
Konrad Heimbeck leitet den Kammerchor Rosenheim. Foto rj
Das könnte man mit Guss oder Abstich übersetzen, also so was wie ein flüssiger Lavastrom. Und so ähnlich kommt diese Musik daher: Ständig sich reibende Tonrepetitionen, die wie Feuerzungen wirken, schrauben sich mit bedrohlichem Bassbrummen in die Höhe, bis sie abrupt abreißen – ein gleißend-heißer Orgel-Sonnengesang. Gespielt wurde dies Stück von der jungen Franziska Meier aus Thansau, die nach dem Abitur am musischen Ignaz-Günther-Gymnasium jetzt am Mozarteum Salzburg Orgel studiert.
Vorher hatte sie Bach gespielt, mit großer Ruhe, und großer Bedacht- und Bedeutsamkeit: Hervorragend kontrastierte sie Ruhe und Bewegtheit in der Fantasie und Fuge BWV 537, verlieh der Fuge konsequenten Schwung und dem aufsteigenden chromatischen Quartzug unerbittliche Notwendigkeit. Auch in dem Choralvorspiel „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ BWV 662 ließ die Organistin der Musik viel Raum und Zeit zur Entfaltung.
Konrad Heimbeck zollte mit seinem Kammerchor Rosenheim einem Jubilar seinen Tribut: Vor hundert Jahren starb in Regensburg Michael Haller, ein Vertreter des sogenannten „Cäcilianismus“, der im 19. Jahrhundert sich an die Alten Meister wie Palestrina anlehnte. Zeitweise war Haller auch Domkapellmeister der Regensburger Domspatzen. Der Chor sang das Kyrie aus der „Missa octo vocum“. Nach behutsamem Beginn erfüllte prachtvolle Achtstimmigkeit den Kirchenraum, für den diese Musik wie geschaffen schien.
Die „Silesius-Motette“ von Joseph Ahrens (1904 bis 1991) vertont einige der barockmystischen und antithesenreichen Sprüche von Angelus Silesius aus dessen „Cherubinischem Wandersmann“. Gemäßigt modern komponiert folgt diese Chormusik oft dem Wortsinn, malt in großer Bewegung etwa das Saitenspiel nach, endet im Unisono, wenn die Seele sich mit Gott vereint oder fordert ekstatisch auf: „Blüh auf! Blüh auf, gefrorner Christ“ – eine barockmystisch-theologische Frühlingshymne.
Der titelgebende „Sonnengesang“ des heiligen Franziskus ist von Enjott Schneider (geboren 1950) komponiert: Geflüstert ertönen die Anfangsworte in Altitalienisch, bis wirkungsmächtig sich die Musik aufbäumt und volltönend wird in der Beschwörung von Bruder Sonne, nur weiblich klingt in der Beschwörung der bunten Blumen. Mit großem Engagement sang der Chor diese Musik, die routiniert komponiert ist und stellenweise sich doch wie Kirchentagsmusik anhört. Ganz anders dann die Zugabe: Andächtig begann die Motette „Verleih uns Frieden“ von Heinrich Schütz, um dann kriegerisch triumphierend und siegessicher-gläubig zu enden – eine unwiderstehlich-mitreißende Wirkung.